## "Illusio Fachkräftemangel" - Zusammenfassung
Dieser sozialwissenschaftliche Forschungsbericht hinterfragt kritisch die gängige Erzählung vom Fachkräftemangel. Anhand von drei Fallstudien in unterschiedlichen Bildungsmilieus – der Wirtschaftsregion San Francisco, deutschen MINT-Regionen und der "Zukunftswerkstatt Buchholz" – dekonstruiert Jeremias Herberg die vermeintliche Expertise-Knappheit als gesellschaftliche Illusion.
### Drei zentrale Thesen:
**1. Die Illusion des Nachfragedefizits:** Herberg argumentiert, dass der Fachkräftemangel nicht zwangsläufig auf einem tatsächlichen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften basiert. Vielmehr handele es sich um eine **Illusio**, einen sozial konstruierten Glauben, der durch politische und wirtschaftliche Interessen genährt wird. Die Untersuchung zeigt, dass die vermeintliche Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage oft auf unrealistischen Erwartungen der Wirtschaft und unzureichenden Anstrengungen bei der Weiterqualifizierung und Integration bereits vorhandener Potenziale beruht.
**2. Transversale Felder als Schnittstellen und Konfliktzonen:** Die Fallstudien beleuchten die Entstehung sogenannter "transversaler Felder", in denen Akteure aus Bildung und Wirtschaft kooperieren, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Diese Schnittstellen bergen jedoch nicht nur Chancen, sondern auch Konflikte. Herberg analysiert die Machtasymmetrien zwischen den Akteuren und zeigt, wie ökonomische Denkweisen und Handlungsrationalitäten in den Bildungsbereich vordringen und diesen verändern.
**3. Die Verantwortung der Bildung für Wirtschaftswachstum:** Die intensive Vernetzung von Bildung und Wirtschaft führt zu einer Verschiebung der Verantwortung. Bildungseinrichtungen sehen sich zunehmend gezwungen, ihre Angebote an den kurzfristigen Bedürfnissen der Wirtschaft auszurichten. Dieser Trend, so Herberg, gefährdet die gesellschaftliche Aufgabe der Bildung als Ort der Persönlichkeitsentwicklung und kritischen Reflexion.
### FAQs
**1. An wen richtet sich das Buch?**
Das Buch richtet sich an Studierende und Dozenten der Sozialwissenschaften, insbesondere der Bereiche Bildungswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft. Darüber hinaus ist es relevant für alle, die sich mit Fragen der Bildungspolitik, der Arbeitsmarktentwicklung und dem Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft auseinandersetzen.
**2. Was ist das Besondere an Herbergs Ansatz?**
Herberg verbindet in seiner Analyse theoretische Ansätze der Feldtheorie mit empirischen Erkenntnissen aus drei Fallstudien. Dieser vergleichende und interdisziplinäre Ansatz ermöglicht es ihm, die Komplexität des Themas "Fachkräftemangel" differenziert zu beleuchten und neue Perspektiven aufzuzeigen.
**3. Welche Schlussfolgerungen zieht Herberg aus seinen Ergebnissen?**
Herberg plädiert für eine kritische Reflexion der gängigen Fachkräftemangeldebatte und fordert eine Neuausrichtung der Beziehung zwischen Bildung und Wirtschaft. Statt Bildung ausschließlich als Instrument zur Sicherung des Wirtschaftswachstums zu begreifen, gelte es, ihre gesellschaftliche Bedeutung für die demokratische Willensbildung und die Entwicklung selbstbestimmter Persönlichkeiten stärker in den Blick zu nehmen.
